Reportage Steffi Brungs

Steffi Brungs erzählt exklusiv über ihr berufliches Leben, ihre Erfahrungen als Sportmoderatorin und die oftmals großen Zukunftsängste älter werdender Moderatorinnen.

002

„Ich hatte wahnsinniges Glück, dass die Menschen in meiner Umgebung weit mehr in mir gesehen haben als ich selbst“

Es ist Anfang Dezember des letzten Jahres und ich sitze einer hübschen, jungen Frau namens Stephanie „Steffi“ Brungs gegenüber. Nicht persönlich, sondern virtuell per Skype Videochat. Da sag mir doch noch einmal einer, ich hätte von Technik keine Ahnung.

Steffi Brungs ist 26 Jahre alt, gelernte Sportjournalistin und hat das geschafft, wovon viele junge Mädchen, aber auch Jungs schwärmen, wenn sie nach ihrem Traumberuf gefragt werden: Sie durfte für den Sender Sport1 eine eigene Fußballsendung moderieren und hat es damit in ihrer noch jungen beruflichen Karriere schon weit gebracht. Genau deshalb habe ich sie um ein Gespräch gebeten – um viele neue Eindrücke aus der Sicht einer Sportmoderatorin zu gewinnen und vielleicht den einen oder anderen Tipp zu bekommen – für Euch und für mich.

Als das Gespräch beginnt, sitzt mir eine lächelnde, junge Frau gegenüber, die allerdings gleich eine ganz schöne Überraschung für mich parat hat. Denn Steffi erzählt mir, dass sie ihren Job bei Sport1 gerade aufgrund mangelnder Perspektive aufgegeben hat. „Für viele war dieser Schritt weg von Sport1 nicht nachvollziehbar. Denn nach außen wirkte doch alles perfekt! Aber ich sehe mich eben nicht nur als Moderatorin, sondern als Journalistin. Mir fehlte es drehen zu gehen, zu texten, Beiträge zu schneiden. Ich wollte dieses zweite Standbein nicht aus den Augen verlieren. Schließlich muss man ja auch an das Leben nach der Moderation denken.“ Damit denkt Steffi wohl einen Schritt weiter, als die meisten von uns.

Nach dieser anfänglichen Überraschung spreche ich sie auf ihren enorm gradlinigen Lebenslauf an. Angefangen mit ihrem Studium in Journalistik mit dem Schwerpunkt Sportjournalismus an der Macromedia Hochschule für Medien und Kommunikation in Köln, über diverse Praktika und journalistische Tätigkeiten während dieser Zeit, bis hin zur Moderation bei Sport1. Sie erklärt mir, dass ihr schon früh klar war, dass sie in jedem Fall etwas mit Sport machen möchte: „Begonnen hat dieses Interesse beim sogenannten „Girls Day“ in der 8. Klasse.“ Einem Aktionstag, an dem Mädchen in typische Männerberufe reinschnuppern dürfen. Steffi entschied sich für den Bereich Sport, statt für Technik oder Naturwissenschaften und besuchte ein Bundesligaspiel zwischen dem 1. FC Köln und Unterhaching. Mit ihrem Vater, einem eingefleischten FC-Fan, war Steffi zwar schon häufig im Stadion, aber diesmal war alles anders: „Während alle anderen Mädchen eher gelangweilt von diesem Ausflug waren, bat ich sogar mit auf die Pressetribüne zu dürfen. Dort lauschte ich einem Kommentator von Radio Köln. Ich wünschte, ich wüsste seinen Namen noch, um mich mal dafür zu bedanken, dass er mich damals so für diesen Job begeistert hat.“ Sie war sofort Feuer und Flamme.

Neben dem Willen später auch Sportjournalistin zu werden, hatte Steffi – wie sie selbst sagt – allerdings auch sehr viel Glück. Denn während ihres studentischen Aushilfsjobs bei RTL, wurde das bisher vorhandene Web-TV Angebot weiterentwickelt und neu besetzt. Man war auf der Suche nach einer Zielgruppe gerechten und affinen Moderatorin und die sollte dann nach einem Casting tatsächlich Steffi Brungs heißen. Damit wurde die junge Studentin relativ schnell ins kalte Wasser geworfen und vor die Kamera gestellt. „Zu dem Zeitpunkt war mir nicht bewusst, welche Türen mir dieser Job öffnen würde. Schließlich fing alles mit dem Web-TV-Format zu DSDS an. Das war so gar nicht mein Metier und vor allem alles andere als die Richtung, in die ich wollte.“ Aber manchmal muss es eben über Umwege gehen. Und so ging es für Steffi nach einer Staffel DSDS auch zu den ersehnten Klitschko-Kämpfen und der Formel1.

RTL_Webshow_Boxen_Andreas_von_Thien[1]
Steffi Brungs: Webshow Boxen – RTL
 

Nach 3 ½ Jahren und diversen Stationen in der RTL Mediengruppe, wollte die junge Studentin dann aber doch nochmal raus aus dem gemachten Nest. Ein Teil ihres Praxissemesters verbrachte Steffi dann bei Sport1. Auch da hatte sie mal wieder Glück: „Der Praktikums-Beauftragte hatte mich in der RTL-Webshow zu einem Klitschko-Kampf gesehen und das den richtigen Leuten erzählt. Und schwups wurde ich für die Sendung Bundesliga Aktuell gecastet. Noch während meines Praktikums war ich dann plötzlich die Co-Moderatorin von Frank Buschmann. Ich war ganz schön aus dem Häuschen!“ Genauso wie die Chefredaktion, die ihr dann gleich anbot, auch nach dem Studium weiter für Sport1 zu moderieren.

Steffi war wohl die einzige, die diese Entscheidungen überraschte. Denn schon während ihres Studiums wurde sie von vielen Professoren aus der Hochschule gefördert und bestärkt. Viele legten ihre nahe, dass gerade die Moderation für sie das Richtige sei. Bis heute sei sie sehr dankbar dafür, dass so viele Menschen mehr in ihr gesehen haben als sie selbst.

Dennoch ist Steffi als Sportmoderatorin keine Seltenheit mehr in der Branche. In den letzten Jahren machte sich ja nahezu ein „Boom“ von Frauen im Sport bemerkbar. „Generell empfinde ich diese Entwicklung als sehr positiv und es tut dem Sportjournalismus gut, nicht mehr so krass männlich zu sein. Dennoch sollten Frauen hier keine Extrawurst erhalten und beliebte On-Air-Jobs nur bekommen, weil sie Frauen sind. Qualität und Kompetenz sollte bei uns Sportmoderatorinnen oder Reporterinnen genauso vorhanden sein, wie bei unseren männlichen Kollegen.“ Damit zielt Steffi auf die sogenannten Presenterinnen ab, die zwar auch gute Moderatorinnen sind, aber nicht vom Fach Sport kommen. Steffi hält gerade die Sportfans für ein sehr kritisches und meinungsstarkes Publikum, die jeden fachlichen Fehler erkennen.

Viele Moderatorinnen und Reporterinnen sind mittlerweile jedoch gut in diesem Geschäft angekommen. Steffi traut ihnen sogar schon den nächsten Schritt zu und hofft auf Frauen als Kommentatorinnen: „Menschen sind Gewohnheitstiere und es muss nur mutige Frauen und Sender geben, die diesen Weg wagen. Es muss zu Beginn ja auch nicht gleich Fußball sein. Kommentatorinnen könnten sich ja auch erstmal über andere Sportarten, wie Wintersport oder ähnliches ran tasten.“

Oftmals wird Männern, laut Steffi, auch mehr Klischeedenken vorgeworfen, als es tatsächlich der Fall sei. Sie selbst hat, beispielsweise bei Sport1, unter den vielen männlichen Kollegen stets Respekt erfahren. Sie hatte das gleiche Mitspracherecht wie alle anderen und man hat sich immer auf Augenhöhe mit ihr auseinander gesetzt. „Klar, müssen sich Frauen zunächst ein wenig mehr beweisen als ihre männlichen Kollegen, wenn sie neu in der Branche sind. Einfach weil dieser Boom immer noch recht frisch ist. Aber darüber hinaus wird meist kein Unterschied mehr zwischen Männern und Frauen gemacht.“ Steffi hat ihren männlichen Kollegen sogar teils zu verdanken, dass sie sich in diesen wenigen Jahren so schnell als Moderatorin im Sport etablieren konnte. Denn kein geringerer als Frank Buschmann war einer ihrer großen Befürworter.

Dennoch war Steffi mit ihrer beruflichen Situation zuletzt nicht wirklich zufrieden. Bei Sport1 fehlte ihr die Abwechslung. Zudem bekam sie weibliche Unterstützung, was für sie leider weniger Einsätze bedeutete. So entschied sie sich den Sender nach aufregenden und lehrreichen 3 ½ Jahren zu verlassen. Der Wechsel zu einem anderen Sender gestaltete sich allerdings schwieriger als gedacht: „Entscheidungen in der Moderation werden knallhart getroffen. Dein Gesicht und Alter müssen zu dem passen, was du gerade präsentierst. Denn die Zielgruppe zu erreichen ist enorm wichtig. Bei vielen Castings hörte ich deswegen immer wieder: Tolle Moderation, viel Erfahrung, aber leider bist du viel zu jung. In der Moderation wirst du eben nicht immer an deinen Leistungen gemessen. sondern an dem, was die Leute sehen wollen. Sowas darf man aber nicht persönlich nehmen.“

Castings beschreibt Steffi als eine relativ unangenehme Situation – vor allem für Personen, die man schon relativ gut aus der Öffentlichkeit kennt. Von denen wird natürlich mehr erwartet, als von unerfahreneren Kollgene. Ansonsten laufen Castings aber fast immer gleich ab: Mehrere mögliche Kandidaten werden am Castingtag miteinander vergleichen. Alle müssen durch ein Vorstellungsgespräch, anschließend werden Themen oder manchmal auch schon fertige Texte verteilt, welche die Kandidaten danach moderieren müssen. Oft werden auch technische Pannen oder spontane Schalten simuliert, um die Spontanität der Moderatoren zu testen. Manche Texte werden vom Teleprompter abgelesen, andere frei vorgetragen. „Man muss lernen mit dem großen Konkurrenzkampf bei Castings und den darauf folgenden Entscheidungen umzugehen. Auch, wenn sie für einen persönlich, nicht wie gewollte ausfallen. Im Gegensatz zu Redakteuren werden Moderatoren genau wie Schauspieler oder Models neben ihrer Leistung auch an oberflächlichen Faktoren gemessen. Und die sind halt oft subjektiv – eben Geschmackssache.“

Deswegen ist es Steffi eben sehr wichtig, auch das Handwerk hinter der Kamera, beispielsweise als Redakteurin, nicht aus den Augen zu verlieren. Denn als Person vor der Kamera hat man immer ein Verfallsdatum oder man ist einfach nicht mehr der gesuchte Typ. Ein zweites Standbein, egal in welchem Bereich, sei deswegen enorm entscheidend: „Genau diese Situation habe ich gerade ja selbst durchlebt. Nach viel Glück, kommt manchmal eben auch nochmal ein bisschen Pech dazu. Aber ich lasse mich nicht unterkriegen. Mittlerweile weiß ich ja, was ich kann! Ob vor oder hinter der Kamera!“

Und dann ist das Gespräch auch leider schon vorbei. Steffi muss sich wieder an die Arbeit machen – momentan ist sie leitende Redakteurin für Galileo Extra. Insgesamt kann ich nach dem Gespräch sagen, dass Steffi sehr offen und authentisch wirkt. Sie ist eine lebensfrohe, sehr reif wirkende, junge Frau mit genauen Zukunftsvorstellungen. Sie hat für ihr Alter schon sehr viel aus eigener Initiative heraus geschafft, wirkt in ihren Plänen alles andere als naiv. Deswegen kann man sich sicher sein, dass man noch sehr viel von ihr hören und sehen wird.

Einige Tage später durfte ich Steffi dann noch einmal persönlich treffen. Während eines Heimaturlaubs in Köln. Als ich am Rhein mit dem Dom im Rücken einige Fotoaufnahmen von ihr machen durfte, fiel mir eines nochmal besonders auf: Wenn Steffi über ihren Beruf spricht, vereint sie in ihren Aussagen und ihrem Ausdruck Erfahrung, Entschlossenheit und ernsthaftes Interesse mit der wirklichen Leidenschaft für diesen Beruf. Es scheint so, als wäre dies ein ganz extrem entscheidender Punkt für den Verlauf ihrer Karriere.

Ich habe Steffi während meiner Recherche stets persönlich und nicht über ein oftmals strenges Management erreicht. Und dies ist, davon bin ich überzeigt, ihrer Persönlichkeit geschuldet: „Ich teile mein Wissen und meine Erfahrungen wirklich gerne mit euch. Schließlich bin ich ja auch eine von euch. Ich hab doch genau wie ihr auch irgendwo mal angefangen.“ Und zum Schluss hat Steffi sogar noch eine Überraschung parat: „Bald werdet ihr mich wieder öfter im Fernsehen sehen. Aber diesmal werde ich genauso viel vor, wie auch hinter der Kamera beschäftigt sein. Es geht zurück zu Mediengruppe RTL, wo quasi alles angefangen hat.“ Mehr darf sie gerade leider noch nicht verraten.

Nachtrag: Wie sich einige Wochen nach meinem Treffen mit Steffi herausgestellt hat, arbeitet sie nun im Team von den RTL2 News und ist dort sowohl vor der Kamera, als Moderatorin, als auch hinter der Kamera, als Reporterin, tätig.

Hinterlasse einen Kommentar